Mehr Realität zeigen – Die neue App BeReal

Die kostenlose App „BeReal“ erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei den Heranwachsenden und kann als Gegenentwurf zu den gestellten und bearbeiteten Instagram-Bildern gesehen werden. Einmal am Tag fordert die App ihre Nutzer:innen auf, ein unbearbeitetes Bild mit Freund:innen (Freundesliste) und wer will auch mit anderen Nutzer:innen der App (Discovery-Feed) zu teilen. 

Wie funktioniert die App genau?

Aufforderung und Fotoaufnahme

Zu einer zufällig gewählten Zeit fordert die App „BeReal“ per Push-Nachricht auf, ein Foto aufzunehmen. Nachdem die Push-Nachricht aufgerufen wurde, haben alle Nutzer:innen zwei Minuten Zeit um ein Foto zu machen. Dabei werden fast gleichzeitig die Rück- und Frontkamera ausgelöst. Beide Schnappschüsse werden in einem Bild veröffentlicht. Es sind mehrere Foto-Versuche innerhalb der begrenzten Zeit möglich, jedoch kann nur der letzte Versuch gepostet werden. Alle Nutzer:innen posten dann gleichzeitig ihr Live-Bild aus ihrem Alltag - ohne Filter und Bearbeitung.

Posten von Fotos

Wer will, kann noch einen eigenen Kommentar zum Bild hinzufügen. Wer die Aufforderung ein Bild aufzunehmen verpasst, kann nachträglich noch sein BeReal veröffentlichen. Auch hier gilt es in den nächsten zwei Minuten ein Foto aufzunehmen. Dieses wird mit dem Vermerk „X Stunden/ Minuten verspätet“ veröffentlicht. Beim Veröffentlichen der Bilder wird gefragt, ob es nur für Freunde oder auch im Discovery-Feed veröffentlicht und ob der genaue Standort geteilt werden soll. Ein BeReal von Freunden kann nur angeschaut werden, wenn ein eigenes BeReal gepostet wurde. Nach 24 Stunden sind die Fotos nicht mehr einsehbar und können nur noch in den eigenen Memories aufgerufen bzw. in der eigenen Galerie gespeichert werden. 

Interaktion

BeReal verzichtet auf Filter, Likes, Videoformate sowie die Einsicht auf die Anzahl der Freunde. Es können auch keine Kommentare hinterlassen werden. Es gibt die Möglichkeit mit einem RealMoji (eigenes Gesicht mit Reaktion) auf die Fotos zu reagieren und dabei ein bestimmtes Emoji nachzustellen. Auf Android-Smartphones können Nutzer:innen auch andere Benutzer:innen blockieren (bei iOS noch in Arbeit, Stand August 2022). Wer auf unerwünschte und unangemessene Bilder stößt, kann diese auch melden.

Daten

Die App BeReal ist kostenlos, werbefrei und für die Nutzung ab 13 Jahren freigegeben. Jedoch findet keine Altersüberprüfung statt. BeReal hat ihren Ursprung in Frankreich und wurde 2020 von Alexis Barreyat und Kévin Perreau gegründet. Bei der Registrierung werden personenbezogene Daten wie Name, Geburtsdatum und Telefonnummer abgefragt (letzteres für die Zusendung eines Registrierungs-Codes). Selbst die IP-Adresse wird gespeichert und Daten unverschlüsselt übertragen. Wer BeReal nicht mehr nutzen möchte, kann eine Löschung des eigenen Accounts beantragen. Dies erfolgt über die Einstellungen innerhalb von 15 Tagen.

 

Wir haben die App getestet

Wir haben die App nun zum Kennenlernen installiert und mussten mit Ernüchterung feststellen, dass kaum bis keine Kontakte von uns die App nutzten (wir sind dann wohl nicht die Zielgruppe gewesen). Was uns beiden auffällt, ist, dass die App mit dem Zeitlimit einen gewissen Druck erzeugt, schnell ein schönes Bild zu erstellen. (Wir sind übrigens auch keine Fans von Selfies zur späten Stunde.) Zudem befindet man sich in privaten Situationen und so muss auch improvisiert werden, dass nicht andere unfreiwillig auf dem BeReal abgebildet werden (Stichwort Persönlichkeitsrechte anderer beachten). Wir vermuten auch, dass sich Heranwachsende Druck machen die Push-Benachrichtigung nicht zu verpassen um zeitnah ihr BeReal zu posten, während sie dabei versuchen noch ein besonders kreatives Foto aufzunehmen, denn man möchte ja nicht den langweiligen Alltag abbilden. Auch wenn die App die Bilder nach 24 Stunden löscht, haben wir es nicht in der Hand, ob ein Screenshot vom Bild gemacht wurde und von anderen in den sozialen Netzwerken geteilt werden kann. Wir finden es gut, dass man nach Aufnahme des BeReals gefragt wird, ob man seinen Standort posten möchte und ob man das Bild öffentlich oder nur der eigenen Kontaktliste teilen möchte.

Tipps für Eltern und Pädagog:innen

Schauen Sie sich die App an und probieren Sie sie ggf. selbst aus, so können Sie die Faszination der App wahrscheinlich besser nachvollziehen. Wichtig ist es, Heranwachsende zu sensibilisieren, was sie in privaten Situationen posten und dass sie niemanden ungefragt fotografieren sollten (Persönlichkeitsrechte anderer beachten!). Thematisieren Sie auch, dass sie sich wegen der App keinen Druck machen sollen und dass es okay ist, verspätet ein BeReal zu posten, wenn der eigentliche Moment dafür ungünstig ist. Am besten richten Sie die App gemeinsam mit Ihrem Kind ein. Nutzen Sie ein Pseudonym als Name und deaktivieren Sie die Standortfreigabe in den Einstellungen. Gehen Sie dann mit dem Kind die verschiedenen Funktionen durch (z. B. aktuelles BeReal löschen oder öffentliches Teilen rückgängig machen).

Wird BeReal ein Dauerbrenner?

In den vergangenen Jahren traten die gehypten Social Media Apps Clubhouse und Vero in Konkurrenz zu Instagram und TikTok. Diese gerieten jedoch nach kurzer Zeit wieder in Vergessenheit. Ob das BeReal auch wiederfahren wird, bleibt abzuwarten.  

< zurück      Katharina Haugwitz & Gabriella Parditka | 2. September 2022