Digitale Gesundheitspraktiken von Heranwachsenden

Wer kennt es? Man fühlt sich nicht gut, hat bestimmte Symptome und tippt diese in die Suchmaschine seines Vertrauens ein und lässt sich möglicherweise von den unzähligen Suchergebnissen verunsichern. Ist die Digitalisierung hier ein Fluch oder Segen?

 

Suchmaschinen, Social Media, Apps und Wearables

Die Digitalisierung eröffnet uns nicht nur durch das Nutzen von Suchmaschinen und Internetseiten die Möglichkeit sich mit dem Thema Gesundheit und gesundheitsbezogenen Informationen auseinanderzusetzen, es gibt zudem Social Media Kanäle, die Themen wie gesunder Lifestyle, Sport- und Fitnessprogramme und Ernährungsformen aufgreifen. Nicht immer werden die Themen von Gesundheitsexpert:innen für die Community aufbereitet. Auch sogenannte Sinn- oder Healthfluencer:innen bieten Information, Orientierung und Austausch zu Gesundheitsthemen. Fragen zur physischen und psychischen Gesundheit werden hier mit der Community behandelt, aber auch Tipps zur Selbstoptimierung gegeben. Ob diese Tipps und Anregungen fundiert sind, ist nicht nur für Heranwachsende schwierig nachzuvollziehen, da Quellenangaben oftmals fehlen. Des Weiteren können wir mit Hilfe von Apps und Wearables (z. B. digitale Fitnessarmbänder, Smart Watches) auch selbst eigene Gesundheitsdaten erheben, dokumentieren und auswerten. Hierbei ist nicht immer der Datenschutz gewährleistet und auch die Absicht und Qualität der Apps ist sehr unterschiedlich.

(Digitale) Gesundheitskompetenz

Keine Generation zuvor konnte sich so intensiv mittels Medien über Gesundheitsthemen informieren und austauschen. Gesundheitswissenschaftler:innen fordern deshalb auch die Förderung einer (digitalen) Gesundheitskompetenz, um die „gesundheitsbezogenen Informationen finden und einordnen zu können“ (Lampert/Gebel 2022:7). Bisher ist das Thema Gesundheitsförderung im Bereich der Kinder-Medien-Forschung und in der Medienpädagogik nur eine kleine Nische, die noch ausgebaut werden muss. 

In der aktuellen merz - Zeitschrift für Medienpädagogik zum  Thema „Gesundheit und Medien“ werden einzelne digitale Gesundheitspraktiken von Heranwachsenden näher beleuchtet.

Heranwachsende wenden sich einem breitem Repertoire an Gesundheitsthemen zu und suchen diese meist über Suchmaschinen (Studie mit US-amerikanischen Jugendlichen (vgl. Wartella et al. 2015)):

  • Fitness und Bewegung (42 %)
  • Ernährung (36 %)
  • Stress/Angst (19 %)
  • Sexuell übertragbare Krankheiten (18 %)
  • Pubertät (18 %)
  • Depressionen (12 %)
  • Schlaf (12 %)
  • Drogen (12 %)
  • Hygiene (12 %)
  • Erkältung (12 %)

Weitere Themen, die sich knapp ein Drittel der 12- bis 22-Jährigen widmen sind Verhütung und Schwangerschaft. Ein Viertel interessierten sich für Themen wie Drogen, Alkoholabhängigkeit und Krebs. Weitere Themen, zu denen Heranwachsende recherchierten, waren Essstörungen, Diabetes und Herzerkrankungen (vgl. Rideout et al. 2018).  

Gesundheitsbezogene Themen in Social Media

In Social Media gibt es beispielsweise unterschiedliche Praktiken, deren sich Heranwachsende in Bezug auf gesundheitsbezogene Themen bedienen. Zum einen thematisieren sie eigene Erkrankungen in ihrem Profil oder in einzelnen Beiträgen. Hier werden in den Kommentarspalten Erfahrungen und Tipps ausgetauscht und Trost gespendet und sich vernetzt. Positiv zu sehen ist hierbei, dass diese Beiträge nicht nur Informationsquelle sind, sondern „direkt oder indirekt einen wichtigen Beitrag für die Krankheitsbewältigung leisten“ (Lampert 2022:14). Jedoch sind die Informationen der Beitragsersteller:innen oder Kommentator:innen immer mit Vorsicht zu genießen, da es sich hierbei meist nicht um Gesundheitsexpert:innen handelt und somit auch widersprüchliche und falsche Informationen ein gesundheitsbezogenes Risiko darstellen.

Digital health literacy muss weiter gehen als das Finden und Bewerten von Informationen. Wichtig ist auch Gesundheitsanwendungen in Bezug auf Datensicherheit und Datenschutz bewerten und Folgen, wenn gesundheitsrelevante Informationen z. B. in sozialen Medien veröffentlicht werden, abschätzen zu können.

Beispiele für Social Media Kanäle (Instagram, YouTube, TikTok) mit gesundheitsbezogenen Themen

psychologeek

YouTube-Kanal von funk zu psychologisch-wissenschaftlichen Themen mit einer Prise Humor

 

Dr. Flojo

Bei „Dr. Flojo“ nimmt man Themen rund um Medizin und Gesundheit unter die Lupe. Und zwar von einer echten Ärztin.

 

Doktorsex

Sexeducation auf dem TikTok Kanal von Gynäkologin Sheila und Urologe Volker. Ein Angebot der DAK Gesundheit.

gyneko.logisch

Ein Facharzt für Gynäkologie und Geburtsmedizin klärt auf Instagram über Frauengesundheit auf.

 

Maedelsabende

Ein Instagram-Kanal von funk. Mädelsabende greifen immer wieder psychische und physische Krankheitsbilder auf und lassen Expert:innen und Betroffene zu Wort kommen.

 

 

 

< zurück  |  Katharina Haugwitz  |  07. April 2022